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Nicht jeder, der ein Streichinstrument spielt, kommt gleich auf die Idee,
sich mit der alten Kunst des Geigenbaus zu beschäftigen. Und sich dann
auch noch auf das Spezialgebiet der Geigenlacke und ihrer chemischen
Zusammensetzung einzulassen, das hat schon leicht abenteuerlichen
Charakter.
Denn hier bleibt's meistens nicht beim theoretischen Studium der
traditionellen Ingredienzien wie Öl, Spiritus und Harze etc. Hier wird
dann früher oder später der hauseigene Küchenherd zum provisorischen
Experimentierfeld - und die erste kleine Explosion lässt nicht lange auf
sich warten. So geschehen z.B. in der Mannheimer Max-Joseph-Straße 21 anno
Domini MMVI.
Jedenfalls ging auch das noch mal gut, und das Experimentieren
konnte munter fortgesetzt werden. Rund fünf Jahre lang. Und
außerdem: Wozu hat man schließlich einen Balkon!? Allerdings erforderte
der dabei investierte Aufwand nicht nur beträchtliche Mengen an Zeit, Geld
und Nerven. Er kostet auch so manche "weiße" Geige das Leben. Alles in
allem aber führte das Ganze zu Resultaten, die die vorliegende
Veröffentlichung der beiden wichtigsten Rezepte von Öllack und Grundierung
(s.u.) rechtfertigen.
Wie auch immer, wer einmal vom "optischen Kick" der altitalienischen
Geigen und Celli gepackt wurde - auf den akustischen und
kunsthandwerklichen gehe ich hier nicht ein -, den lässt er so schnell
nicht mehr los:
Es ist der Lack und seine Transparenz, der die Jahresringe von Fichte,
Ahorn oder Pappel zu neuem Leben erweckt. Es ist die natürliche
Leuchtkraft seiner Farben, die sich in Abhängigkeit von Lichteinfall und
Tageszeit vielfältig brechen und verändern. Und es ist nicht zuletzt
das goldglänzende Feuer der Grundierung, die eine eigene Magie ausstrahlt.
Legionen professioneller Geigenbauer haben dies seit Amatis, Stradivaris
und Guarneris Zeiten zu erreichen versucht. Und auch wenn es beim bloßen
Versuchen und Experimentieren mit Drachenblut, Mastix, Bernstein und
Weihrauch etc. bleiben sollte, so spürt man doch allein durch die
Beschäftigung mit der Sache, um was für eine außergewöhnliche Verbindung
von Kunst und Materie es hier geht...
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